Mondmagie, das Tantra des Westens

Aus dem Archiv 2006

Mondmagie, das Tantra des Westens

Durch Osho wurde eine neue Ära im Umgang mit der Sexualität eingeleitet. Als erster spiritueller Lehrer setzte er sich öffentlich dafür ein, die sexuellen und spirituellen Kräfte aus ihrer langen Gefangenschaft zu befreien und beide wieder zu vereinen. Zu Tausenden sind wir in den 1970ern nach Indien gepilgert, um durch Sex zu einem höheren Bewusstsein zu gelangen. Neotantra nannte er seine Vision der sexuellen und Befreiung. Sie richtete sich an spirituelle Sucher, die er dazu inspirierte, auf ihrem spirituellen Weg der Selbsterkenntnis die Sexualität nicht länger auszuklammern, sondern bewusst mit einzubeziehen. Osho hatte frischen Wind in die stagnierten Kräfte gebracht, die sexuelle Revolution ordentlich angekurbelt und die sexuelle Entwicklung auf diesem Planten nachhaltig geprägt.

Es galt, die sexuellen und spirituellen Kräfte aus den Klauen des Unbewussten zu befreien. Dazu mussten hemmende und einengende Verhaltensmuster und kulturelle kollektive Prägungen erkannt und aufgelöst werden. Die tägliche Meditation war dabei der wichtige Schlüssel, wobei sie nicht zur obligatorischen Pflichtübungen werden sollte, sondern zur lustvollen und authentischen Suche nach der ultimativen Freiheit und höchsten Wahrheit oder größten Liebe. Es war die Geburtsstunde einer neuen Tantrabewegung.

Das Neotantra hat über die Jahre stark von seinem anfänglichen Schwung eingebüßt und sich zudem in eine Richtung entwickelt, die heute mit Oshos spiritueller Rebellion nicht mehr viel zu tun hat. Durch die kommerzielle Ausrichtung hat sich die Tantrabewegung nach den Bedürfnissen der Konsumenten, statt nach der höchsten Wahrheit ausgerichtet. Das hat die von Osho eingeleiteten spirituellen Prozesse wieder gezähmt und unwirksam gemacht. Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, einen Schritt weiterzugehen und neue Wege zu suchen, die uns auf unserem abenteuerlichen Weg in die Freiheit besser unterstützen können.

Die Ursache der meisten sexuellen Probleme ist, dass die Sexualität durch ihre Jahrtausende lange Unterdrückung sich vom höheren Bewusstsein abgespalten hat und nun in den unbewussten Zonen vor sich hin dümpelt. Wenn zwei Menschen, die vom höheren Bewusstsein abgeschnitten sind, Sex haben, ist das nicht die ideale Voraussetzung zur Entwicklung einer gemeinsamen mystischen Sexualität.

Viele Menschen, die sich mit der sexuellen Befreiung beschäftigen, berufen sich auf Osho und seine Meditationen. Doch es bestehen einige Missverständnisse bezüglich seiner Methoden. Meditationen wie die Kundalini und die Dynamische sind sehr wirkungsvoll, aber keine spirituellen Praktiken im eigentlichen Sinne. Ich möchte das verdeutlichen: Als Osho noch lebte, war sein Ashram, vor allem in Poona 1, ein enormes Kraftfeld. Er nannte es Buddhafeld.

Buddhafeld

Ein Buddhafeld entsteht durch einen erleuchteten Meister. Es ist etwa so, als würde sich das höhere Bewusstsein dieses Menschen so stark ausdehnen, dass auch andere daran teilhaben können. Es ist ein großer Luxus, in der Gegenwart eines Erleuchteten zu meditieren oder Sex zu haben, weil man durch das Buddhafeld auf eine höhere Schwingung angehoben wird und so an einer andere Realität etwas nippen kann. Die Kundalini- und auch die Dynamische Meditation waren Methoden, die westlichen Suchenden für diese höheren Erfahrungen im Buddhafeld öffnen sollten. Außerhalb dieser Meditationen haben die meisten Suchenden damals noch mindestens zwei oder drei Stunden in Stille gesessen und meditiert. In diesem Feld wurde das Neotantra geboren. Ohne Buddhafeld und ohne einen erleuchteten Meister besteht eine ganz andere Ausgangslage. Dann muss sich jeder selbst um diese Buddhaqualität kümmern. Kunadlini- oder Dynamische Meditation sind nicht die geeigneten Methoden, diese Ebene zu erschließen. Aber sie sind in Kombination mit höheren Praktiken nach wie vor unersetzlich.

Die Rückkehr von Shiva und Shakti

Heute genießt der „heilige Sex“ aus dem Osten bei uns große Popularität. Mit Shiva und Shakti, die immer häufiger eingeladen werden, tantrischen Riten beizuwohnen, werden die Sexgötter aus dem alten Indien wiederbelebt. Auch sexuelle Mysterien sind immer Bestandteil einer bestimmten Kultur und deshalb in einer komplexen Symbolik eingebettet. Somit verkörpern auch Shakti und Shiva nicht bloß das männliche und weibliche Urprinzip, sondern sie stellen diese Prinzipien innerhalb des Hinduismus dar. Sie sind tragende Elemente der indischen Kultur. Wenn wir nun in tantrischen Ritualen mit solch starken Symbolen wie Shakti und Shiva arbeiten, werden wir ganz automatisch ein Teil des indischen Mythos. Wir tauchen ein ins indische Kollektive und verbinden uns mit diesem großen Ganzen. Da die unbewussten kollektiven Bereiche der Seele sehr kraftvoll sind, können auch spirituell unerfahrene Menschen mithilfe von Ritualen dieses Eintauchen in die indische Seele spüren. Aber ist es das, was wir wirklich wollen?

Seit 40 Jahren befasse ich mich intensiv und auch stark experimentell mit der sexuellen und spirituellen Befreiung. Ich kenne unzählige Menschen, die „Tantra praktizieren“. In meine sexologische Praxis kommen viele, um mit mir über ihre sexuellen Erfahrungen zu reden, und ich weiß nicht, wie viele Tantra Lehrer und -lehrerinnen bei mir Seminare besuchten. Was mir immer wieder aufgefallen ist: Von fast allen Tantra praktizierenden werden die wohligen Bäder im Kollektiv als „tantrische“ oder „spirituelle Zustände“ bezeichnet. Doch in Wahrheit vollziehen die meisten ihre Rituale lediglich auf der körperlichen und energetischen Ebene und haben keinen Zugang zum Spirituellen.

Ohne diesen Zugang zur unsichtbaren Welt bleibt ihnen die okkulte tantrische Realität jedoch verborgen, und sie merken auch kaum, was mit ihnen durch die fernöstlichen Sexualpraktiken alles geschieht. So registrieren viele nicht, dass sie durch die Riten und Symbole lediglich ihre unbewussten Kräfte in sich nähren und alte Muster und Konzepte in sich stärken.

Praktiken der Mond- und Sexualmagie werden erst dann wirklich interessant, wenn wir merken, was auf den sogenannten unsichtbaren oder höheren Ebenen passiert. Dort geschieht das Wesentliche, dort liegen die okkulten Bereiche der Sexualität verborgen. Dort werden kulturelle Werte gefestigt und sexuelles Verhalten manipuliert, dort werden für uns Menschen wichtige neue Impulse gesetzt.

Östliche oder westliche Wege?

Viele westliche Menschen suchen ihr Glück in östlichen Traditionen. Bei mir war das genauso, ich verbrachte einen großen Teil meines Lebens als Schülerin von Osho. Er war einer der ersten östlichen Lehrer, der spezielle Methoden für westliche Menschen entwickelte. Im Jahr 1978, als ich zum ersten Mal in Indien war, waren sehr viele indische Schüler und auch einige Japaner im Ashram. Interessanterweise durften sie nicht dieselben Meditations Techniken anwenden, die uns Westlern gezeigt wurden. Jung wie ich damals war, interessierten mich die Gründe dafür nicht weiter. Ab und zu konnte ich jedoch beobachten, wie ein Inder oder Japaner, der diese Anweisung nicht befolgte, total ausflippte und in einen unkontrollierbaren kathartischen Zustand geriet. Manchmal wurde daraus sogar eine Psychose. Da ich in dieser Zeit in der Krankenstation des Ashrams arbeitete, konnte ich diese eindrücklichen Zustände hautnah miterleben.

Wie Osho seine östlichen Schüler vor westlichen Methoden warnte, warnte C. G. Jung westliche Menschen eingehend davor, östliche Wege zu gehen – nachzulesen insbesondere im einleitenden Text zum Klassiker Geheimnis der Goldenen Blüte, den er gemeinsam mit Richard Wilhelm herausgab. Heute kann ich die Empfehlungen dieser beiden weisen Männer, Osho und Jung, sehr gut nachvollziehen und weiß sie sehr zu schätzen.

Wichtige Umwege

Obwohl ich mich mit den östlichen Wegen zutiefst verbunden fühle und mich Jahrzehnte tief mit der östlichen Sexual- und Meditationspraktik auseinandersetzte, mich sehr tief auf den tantrischen und später auch auf den taoistischen Weg einließ und dadurch unbeschreibliche Höhenflüge und auch Gefühlstiefen erlebte, musste ich feststellen, dass meine spirituelle Heimat ganz woanders liegt. Durch diese östliche Wege und Praktiken wurden in meinem tiefsten Inneren Anteile in mir aktiviert, die mich sehr befremdeten und die für meine spirituelle Entwicklung als Frau hinderlich wurden. Je tiefer ich dieses Phänomen in mir beobachtete, umso klarer wurde mir, dass durch die taoistischen Sexualpraktiken etwas in mir vermännlicht wurde: Da veränderte sich auf einer sehr subtilen Ebene etwas in mir, es blockierte meine spirituelle Entwicklung und zog mich in eine Richtung, die mit meinem wirklichen Sein nicht übereinstimmte, die mich nicht nach Hause brauchte, sondern mich von mir selbst entfernte.

Ich realisierte, dass mich das Eintauchen in die Taoistischen Praktiken mit der chinesischen Kultur und den dazugehörigen kollektiven Kräften in Kontakt brachte, insbesondere auch mit der verletzten, unterdrückten chinesischen Weiblichkeit. Und das Tantra brachte mich mit der indischen Realität in Kontakt. Je mehr ich meinen eigenen sexuellen Heilprozess vertiefte, umso mehr realisierte ich jedoch, dass mein Wesen in der westlichen Welt verwurzelt ist. Für meinen Befreiungsprozess wurde es wichtig, auch die kulturellen Wunden in mir zu heilen, die mir durch das Blut, die Erziehung und die religiösen Prägungen mitgegeben wurden. Das alles trug ich in jeder meiner Zellen, und es war meine größte Verantwortung, das in mir zu heilen.

Wir haben nicht nur die Aufgabe, uns um unsere persönlichen Wunden zu kümmern, auch die kulturellen und spirituellen Wunden müssen geheilt werden. Die kollektiven Missverständnisse und Manipulationen an der Sexualität müssen dabei dort aufgelöst werden, wo sie auch entstanden sind. Solange ich als Europäerin die in einer christlich geprägten Gesellschaft entstandenen Wunden nicht nachhaltig heilen kann, wird es mir auch nicht möglich sein, die weiblichen Wunden, die mit der chinesischen, indischen oder irgendeiner anderen Tradition zusammenhängen, zu beeinflussen. So machte ich mich auf die Suche nach meinen Wurzeln. Ich war mehr als erstaunt, welch großartige Weisheiten und Schätze sich in der westlichen Mysterien Tradition verbergen und uns heute noch zur Verfügung stehen.

Tantra des Westens

Wir verdanken es vor allem ein paar mutigen medialen Frauen wie Helena Blavatsky, Dion Fortune und Dolores Ashcroft, dass das Tantra des Westens nicht gänzlich verloren ging. Da die christliche Kirche das alte Wissen über Hunderte von Jahren systematisch aus der westlichen Gesellschaft verbannte und dazu Millionen von Rebellen, Weisen, Liebenden und Eingeweihten verbrannte, ist unser Zugang zur westlichen Sexualmagie auf einer sehr tiefen Ebene belastet und blockiert. Wenn ein Bereich so stark traumatisiert ist, wie das die westliche Sexualität und Spiritualität heute immer noch sind, wenden sich die Menschen automatisch ab und suchen an anderen Orten nach Erfüllung.

Das ist für mich auch eine Erklärung dafür, warum so viele Menschen sich zur östlichen Mystik hingezogen fühlen. Dort werden die eigenen westlichen Wunden nicht angesprochen und tun damit auch nicht weh. Doch solange diese tiefen Traumata und Verunsicherungen nicht im Einzelnen geheilt und befreit sind, bleibt die Bewussteinsbeeinträchtigung bestehen, und auch durch fernöstliche Sexualpraktiken kann keine wirkliche spirituelle Öffnung geschehen. Dies ist eine wesentliche Antwort auf die Frage, warum Tantra als Transformationsweg für westliche Menschen nur bedingt funktioniert.

Vielen Menschen, die mit östlichen Wegen experimentieren, geht es so wie mir vor einigen Jahren: Sie stoßen an diese Grenzen. Viele versuchen deshalb, die östlichen Sexualpraktiken mit westlichen Therapiemethoden zu ergänzen. Aber das Therapieren ist nie ein Ersatz für eine spirituelle Praxis, weil Therapien auf die Persönlichkeit einwirken und nicht das Potenzial haben, die höheren spirituellen Bereiche zu entwickeln. Und gerade Methoden dafür braucht es, um die tiefen kulturellen Traumata zu neutralisieren und zu heilen.

Heilige Riten

Die spirituellen Schulungswege von Ost und West unterscheiden sich deutlich voneinander, weil beide Bereiche seit Jahrtausenden detailliert auf die jeweiligen kulturellen Besonderheiten abgestimmt wurden. Der westliche Einweihungsweg zeigt einen anderen Umgang mit der Sexualenergie als die östlichen Kulturen. Er verlangt von seinen Schülern im Umgang mit der Sexualität sehr viel Eigeninitiative, Individualität und Kreativität. Noch haben wir längst nicht alle in der westlichen Kultur liegenden Möglichkeiten zur sexuellen Entwicklung entdeckt. Es wird Zeit, sie zu rehabilitieren. Die sexuellen Mysterien waren lange Zeit ein wichtiger Bestandteil der westlichen Kultur. Ihre Weisheiten und Erfahrungen sind noch tief in uns allen verankert.

In den Mythen rund ums Mittelmeer, dieser Wiege der westlichen Kultur, wurden die sexuellen Mysterien in der alten Zeit von fast allen Völkern gefeiert. Die Vereinigung des gehörnten Gottes und der Göttin gehört zu den ältesten Sexualriten. Der erfolgreichste Jäger des Stammes war auserkoren, die Göttin, die schönste Jungfrau, zu schwängern und sich mit ihr bis zur nächsten Jagd zu vergnügen. Eingeweihte Priester und Priesterinnen praktizierten die kultische Prostitution in den Tempeln von Mesopotamien und Chaldäa. In Ägypten trug die Königin die Fruchtbarkeit der Erde und die Macht der Isis in sich. Durch ihren Schoß, symbolisiert durch einen Thron, erlangte der Pharao seine Macht. Die Mysterien der Isis sind wohl die Quellen und ein wichtiger Schlüssel zur westlichen Sexualmagie. Die göttliche Isis wurde im ganzen Mittelmehrraum, häufig auch unter anderen Namen, gefeiert. Bis nach Österreich wanderten die Kulte, dort wurde sie als Isis Noreia geehrt. Weil die Mysterien der Isis so kraftvoll sind, kann sie als ein Ursprung der christlichen Religion gelten. Diese wurde unverkennbar auf ihrem Mythos aufgebaut.

Was genau ist spirituelle Mondmagie?

Göttliche Magie ist die Kunst, das Unbewusste bewusst im Einklang mit den göttlichen Gesetzen zu verändern und dadurch das Bewusstsein zu erweitern. Wenn die Sexualität in diese Prozesse einbezogen wird, spricht man von Mondmagie. Götter zu ehren und sie in die sexuellen Riten einzubeziehen, ist ein Teil der westlichen Sexualmagie, der so alt ist wie die Menschheit. Gottesbilder sind wesentliche menschliche Symbole, die für die Entwicklung der menschlichen Seele wichtige Geheimnisse bergen. Mit ihnen rituell zu arbeiten, macht die Sexualmagie hoch potent.

Shakti, Shiava, Isis, Apollo, Tara, Gardu und wie sie alle heißen, werden meist als Götter bezeichnet. Das sind sie im eigentlichen Sinne aber nicht wirklich. Es handelt sich vielmehr um Gefäße, die von Menschen – oder höheren Wesensformen – geschaffen wurden, damit die Menschen in Kontakt mit etwas Höherem kommen konnten. Gottformen wie Shakti und Shiva sind beispielsweise sehr starke Konstrukte, weil über Generationen stets sehr viele Menschen damit gearbeitet und sie mit ihrer Liebe und ihrer Sexualkraft aufgeladen haben. Zudem hinterlässt jeder, der mit diesen Formen arbeitet, seine eigenen Spuren in diesem Gefäß. So entstehen sehr kraftvolle Gebilde. Das ist wie bei sexuellen Fantasien: Wird auf eine sexuelle Fantasie masturbiert, wird dadurch eine Gedankenform geschaffen und belebt. Je mehr Menschen die gleiche sexuelle Fantasie hegen, desto stärker wird das Bild.

Mit Gottformen zu arbeiten, ist deshalb nicht ganz ohne. Es braucht ein solides körperliches, energetisches und emotionales Fundament, damit die Menschen von den Kräften, die in diesen Formen gespeichert sind, nicht überrollt werden. Eine Kraft zu rufen, ist eines, sie wieder zu verabschieden, das andere. Es gibt Gottformen, die man schwer wieder loswird. Bevor mit einer bestimmten Gottform gearbeitet wird, sollte man sich daher mit all ihren Aspekten und Symbolen vertraut machen. Dazu gehört auch die Klarheit darüber, was passiert, wenn mit hinduistischen, taoistischen Symbolen oder andren Symbolen gearbeitet wird: Mit welcher Kraft verbinden wir uns dadurch? Was löst das in uns aus?

Auch die Mondmagie ist ein wichtiger Teil der Sexualmagie. Wie viele Rituale habe ich schon gesehen, die lediglich darauf abzielen, sich mit dem Mond zu verbinden. Und wofür steht Mond? Für die unbewussten weiblichen Sexualkräfte, in denen dann gebadet wird. Solange die spirituellen Anteile in uns nicht rehabilitiert sind, fehlt uns die Flamme des höheren Bewusstseins, die uns den Weg durch die diffusen unbewussten Gewässer leuchtet. Lediglich im Unbewussten zu schwelgen, blockiert unseren dringend anstehenden individuellen Weg der Befreiung.

Eine gute Vorbereitung

Ich arbeite sehr viel mit der Sexualmagie der Isis. Diese Kräfte aufnehmen und halten, das können nur Menschen, die gründlich geschult sind und das dafür nötige Fundament sowie die inneren Tools haben. Vor allem für Frauen mit einer männlichen Prägung sind solche Sexualpraktiken direkt schädlich. Ich werde von vielen Frauen immer wieder heftig kritisiert, weil ich darauf bestehe, dass Menschen, die diese höheren Praktiken von mir erlernen wollen, über ein solides Fundament verfügen müssen. Dabei ist es ganz simpel: Wer die Grundlagen nicht lernen will, kann auch nicht vertiefen.

Solange frau keinen wahrhaftigen Zugang zu ihrer Spiritualität hat, sollte sie besser die Finger von sexualmagischen Ritualen lassen, auch wenn diese Auffassung von der Meinung der meisten „Freizeitantriker“ abweicht. Frau sollte sich stattdessen genügend Zeit nehmen, um sich ein stabiles körperliches, energetisches und emotionales Fundament zu errichten und sich eingehend mit den entscheidenden Sicherheitsmaßnahmen bei der Erweckung der sexuellen Kräfte zu befassen. Und auch Männer sollten fit genug sein ihre Männliche Power in sich zu halten. Es benötigt einfach einige Jahre, bis ein Mann sein heiliges Zepter mit Liebe und Kraft führen kann und sich eine Frau in einen liebenden offenen Kelch verwandelt hat. Aber der große Einsatz lohnt sich allemal.

Menschen, die sich zur westlichen Sexualmagie hingezogen fühlen, rate ich immer, sich am Anfang nicht auf die Sexualität zu konzentrieren und nicht an ihren sexuellen Beziehungen herumzubasteln, sondern zunächst dafür zu sorgen, dass die Energien und Gefühle frei und natürlich fließen und ihre spirituelle Ausrichtung kraftvoll ist. Es ist zudem hilfreich, sich mit den unterschiedlichen Sphären und Bewusstseinsebenen zu befassen. Dion Fortunes Buch zur mystischen Kabbala kann dabei helfen, es ist ein sehr reichhaltiges Werk, das tiefe Weisheiten in sich trägt. Von seinem Stil sollte man sich nicht abschrecken lassen, das Buch wurde 1935 geschrieben. Es lässt sich nicht mit dem Intellekt verstehen, nur durch die Meditation und über das Herz lassen sich tiefe Weisheiten ergründen.

Exoterisch und esoterisch

In allen spirituellen und religiösen Bewegungen, seien es Kirchen, Kulte, Mysterienschulen, Klöster, Bruderschaften und so weiter, erkennen wir bei genauerer Betrachtung zwei Bereiche: einen exoterischen, den äußeren, oberflächlichen, und einen esoterischen, den inneren Bereich. Die exoterischen Ebenen sind öffentlich, also fast allen Menschen zugänglich. Dazu gehören zum Beispiel religiöse Feste, Prozessionen, Taufen und Gottesdienste ebenso wie Lieder, Geschichten und Bräuche. An exoterischen Aktivitäten können auch Menschen teilnehmen, die über keinerlei spirituelle Schulung oder übersinnliche Begabung verfügen. Es gibt und gab schließlich immer sehr viele Menschen, die einfach gern mitmachen. Sie sind gern Teil einer größeren Vision, ohne sich für ihre innere Entwicklung einsetzen oder zu irgendetwas verpflichten zu müssen. Für ein paar Stunden an etwas Größerem teilzuhaben, das stillt den Hunger vieler Menschen. Deshalb sind spirituelle Großevents und religiöse Gemeinschaften auch heute so populär, und sie haben durchaus eine wichtige Funktion. Der esoterische ist traditionellerweise der innere Bereich, der nur den Menschen zugänglich ist, die bereit sind, sich für ihre spirituelle Entwicklung verbindlich einzusetzen. Ihnen wird wegen ihrer Hingabe und ihrem Einsatz die Einweihung in die Mysterien zuteil.

Die hohe Kunst der Sexualmagie wird dem inneren, dem esoterischen Bereich zugeordnet. Denn es braucht großes Know-how, viel Erfahrung und eine entwickelte Sensibilität, um sexualmagisch wirken und erfolgreich Riten vollziehen zu können. Die meisten Menschen wissen nicht, welche magischen Kräfte sich in ihrer Sexualität verbergen und dass es sich bei sexuellen Ritualen um hoch wirksame Methoden handelt. Werden sie von Menschen ausgeführt zur sexuellen Unterhaltung und um ihre Beziehung etwas zu beleben, die keine fundierte Schulung erhalten haben, kann sich das sehr negativ auf deren Entwicklung auswirken. Solche Methoden sollten auch nicht zur Unterhaltung oder zum Beleben der Partnerschaft eingesetzt werden. Um Anfänger und Ungeschulte zu schützen, sind diese Bereiche daher in allen Traditionen im esoterischen Bereich verborgen gehalten wurden.

Die eigene Heimat finden

Ich bin der Überzeugung, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Zugänge zur spirituellen Welt haben. Schließlich haben wir alle auch ganz verschiedenartige spirituelle Aufgaben zu lösen. Diese werden mit dem Blut von einer Generation an die nächste weitergegeben, und bestenfalls löst jede ein Stück davon. Um in Kontakt mit der eigenen spirituellen Aufgabe zu kommen, muss jeder erst seine spirituelle Heimat finden. Jeder sollte wissen, durch welche Tradition er geprägt und auch verletzt wurde, um sich heilen und befreien zu können.

Wir haben heute das große Glück, in einer Zeit zu leben, in der es frei zugänglich Tausende von Büchern gibt, in der wir reisen und Menschen aus der ganzen Welt treffen können. Die vielfältige Auseinandersetzung kann uns helfen, die eigene Heimat zu finden, um so wieder in Kontakt mit dem verborgenen Licht, der dunklen Sonne, der Mystischen Rose, der Großen Göttin oder wie auch immer wir die tiefe spirituelle Ebene nennen möchten, zu kommen. Die Flamme des Bewusstseins wird uns den Weg weisen, bis wir mit der geistigen Welt verbunden sind.

Um die eigene Heimat zu finden, braucht es meist eine längere Phase der Suche. Der spirituelle Weg ist eine tiefe Auseinandersetzung mit verschiedenen Realitäten, und wenn die Sexualität in diese Prozesse einbezogen wird, verstärken sich alle anderen Bereiche. Spirituelle Sexualpraktiken sollten daher immer eine tiefe existenzielle Auseinandersetzung mit sich und dem Leben sein. Durch die Meditation entsteht erst die Klarheit, durch die eine Transformation geschehen kann.

Den inneren spirituellen Durchbruch zu erlangen, hat im Umgang mit einer neuen Sexualität heute die größte Dringlichkeit. Dazu sollten zuerst die großen Wunden, die die christliche Religion unserer Sexualität und Spiritualität zugefügt hat, geheilt werden. Denn solange diese Wunden nicht geschlossen sind, werden Sexualität wie Spiritualität von unbewussten Kräften gesteuert. Solange wir beide in fremde Kulturen auslagern, kann der dringend nötige Entwicklungsschritt nicht geschehen. Die Schätze der westlichen Kultur warten nur darauf, von uns wiederentdeckt und gefeiert zu werden. Zu lange wurden sie unterdrückt und missbraucht. Die hohe Kunst der Sexualmagie ist es nicht, die alten Strukturen zu festigen, sondern sie soll uns dazu verhelfen, einen neuen magischen Umgang mit der Sexualität zu finden, der uns in ein neues Bewusstsein führen kann. Damit beschreiten wir dann Wege, die wir alle noch nicht kennen.

Bleib dran- es lohnt sich

herzliche Grüsse von Maitreyi